Forschung: Dämmstoffe aus Pflanzenkohle

Schweizer Forscher arbeiten an der Entwicklung eines neuartigen Dämmmaterials auf Basis von Pflanzenkohle. Die pflanzlichen Rohstoffe sollen das in ihnen enthaltene Kohlendioxid durch eine spezielle Hitzebehandlung dauerhaft binden. Auf diese Weise könnten Dämmstoffe als CO2-Senke fungieren. Mehr noch: Nach ihrem Baustoff-Leben soll die Pflanzenkohle wieder im Ackerbau einsetzbar sein und dort die Fruchtbarkeit der Böden erhöhen.

Das bis Ende 2025 laufende Forschungsvorhaben ist an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) angesiedelt.

Dort haben sich der Physiker Jannis Wernery und sein Team vom „Building Energy Materials and Components Lab“ auf die Erforschung und Entwicklung von Dämmstoffen spezialisiert. Bei der geplanten Entwicklung neuartiger Pflanzenkohle-Dämmstoffe arbeiten sie mit Forschenden der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zusammen. Gemeinsames Ziel ist es, CO2 in neu entwickelten Dämmstoffen langfristig zu binden.

Großes Potenzial

„Bis die Idee in die Praxis umgesetzt werden kann, gibt es aber noch viel zu tun“, gesteht Jannis Wernery. Immerhin hat eine erste Analyse bereits gezeigt, dass man bei einem realistischen Teilersatz konventioneller Dämmstoffe wie EPS oder Mineralwolle durch Pflanzenkohle eine Menge Treibhausgase einsparen könnte. Allein in der Schweiz ließen sich demnach jährlich rund eine halbe Millionen Tonnen CO2-Äquivalente vermeiden. Das entspricht gut 1 % der gesamten Schweizer Treibhausgasemissionen.

Der Einspareffekt ergäbe sich einerseits durch Vermeidung von Emissionen bei der Produktion konventioneller Dämmstoffe und andererseits durch die Langzeitspeicherung des Kohlendioxids im Pflanzenkohle-Dämmstoff. Der vermehrte Einsatz von Dämmmaterialien, die CO2 speichern, würde ein gutes Produkt noch besser machen. Denn schon bisher hilft die Gebäudedämmung ja Treibhausgasemissionen zu verringern, indem sie Innenräume länger warmhält und dadurch den Einsatz der notwendigen Energiemenge zum Heizen reduziert.

Nachdem in den letzten Jahrzehnten erhebliche Anstrengungen unternommen wurden, damit Gebäude weniger Energie verbrauchen und zur Gebäudebeheizung vermehrt erneuerbare Energien eingesetzt werden, haben sich die Emissionen durch den Betrieb der Gebäude bereits deutlich reduziert. Doch auch moderne, gut gedämmte Neubauten verursachen in der Phase ihrer Errichtung weiterhin große Mengen an Treibhausgasemissionen. Die so genannte „graue Energie“ steckt nicht zuletzt in den verwendeten Baustoffen. Bei deren Herstellung, Transport und Verarbeitung wird oft ähnlich viel CO2 freigesetzt wie später während der gesamten Betriebsphase der Immobilie. Deshalb haben Baumaterialien, die der Atmosphäre langfristig CO2 entziehen, großes Potenzial, den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden zu senken.

Spezielle Hitzebehandlung

Ziel des neuen Empa-Projekts ist es, den CO2-Fußabdruck von Gebäuden zu senken, indem pflanzliche Rohstoffe – idealerweise Abfallprodukte aus der Land- und Forstwirtschaft – zu Dämmmaterialien für Gebäude verarbeitet werden. Die mit solchen Dämmstoffen errichteten Häuser würden auf diese Weise als CO2-Senken fungieren.

Durch eine spezielle Hitzebehandlung, bei der das Pflanzenmaterial zu Pflanzenkohle wird, wollen die Forschenden der Empa erreichen, dass der größte Teil des Kohlenstoffs, den die Pflanzen während ihres Wachstums in Form von Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen haben, dauerhaft in ihnen fixiert bleibt. Die Pflanzenkohle-Dämmstoffe sollen das Klimagas also während der gesamten Lebensdauer des Gebäudes binden.

Mehr noch: Wird das Gebäude irgendwann mal zurückgebaut, soll der Pflanzenkohle-Dämmstoff wieder rückstandslos in den Naturkreislauf einfließen. Er soll nämlich direkt in Äcker einbringbar sein und dort die Fruchtbarkeit des Bodens verbessern. Gelingt den Forschenden die Herstellung eines solchen Dämmstoffs, würde es sich um einen Baustoff ganz im Sinne der Kreislauf-Philosophie Cradle-to-Cradle handeln („Von der Wiege zur Wiege“): Ein aus der Natur gewonnenes Produkt würde am Ende seiner Lebensdauer keinerlei Abfall hinterlassen, sondern komplett wieder in den Naturkreislauf einfließen.

Gibt man die Pflanzenkohle zurück in den Boden, würde sie nicht nur dessen Fruchtbarkeit erhöhen. Das in dem Material gespeicherte Kohlendioxid bliebe auch dauerhaft gebunden. Damit geht die Empa-Idee noch weiter als man es von anderen pflanzlich basierten Baustoffen kennt. Holz oder Zellulosedämmung binden das in ihnen gespeicherte CO2 natürlich ebenfalls. Bei ihrer späteren thermischen Verwertung oder auch infolge von Verrottungsprozessen werden irgendwann aber auch wieder Treibhausgasemissionen freigesetzt.

Das beschriebene Kreislaufprinzip funktioniert natürlich nur, wenn sich sämtliche Inhaltsstoffe der neuartigen Dämmmaterialien für eine spätere Verwendung als „Dünger“ eignen. Außerdem muss der Pflanzenkohle-Dämmstoff natürlich auch seine Kernfunktion erfüllen – sprich: gut dämmen. Er muss also auch in dieser Hinsicht wettbewerbsfähig im Vergleich zu etablierten Dämmmaterialien sein. An einem entsprechenden Produkt-Design arbeiten die Empa-Forschenden nun.

Quelle: https://www.baustoffwissen.de/baustoffe/baustoffknowhow/daemmstoffe/forschung-daemmstoff-aus-pflanzenkohle-empa-schweiz/

DER KRAFT NEWSLETTER

News zu Angeboten, Events, unserem Unternehmen und Tipps & Tricks