Lieferengpass am Bau treibt Betriebe in Kurzarbeit

Der Mangel an Material und stark gestiegene Preise machen Handwerkern zu schaffen. Experten raten dazu, Verträge anzupassen und mehr Ware einzulagern.

Konrad Moser ist besorgt: “So eine Situation ist noch nie dagewesen, das haben wir noch nie erlebt.” Der Geschäftsführer von Holzbau Moser im sächsischen Hirschfeld kann viele Aufträge nicht mehr erledigen. “Explodierende Preise, keine Verfügbarkeit, keine zuverlässigen Liefertermine.” Mosers Zimmerei ist gut im Geschäft und baut Schulen, Feuerwehrhäuser, Kindertagesstätten. Nun muss er Kurzarbeit anmelden, Neueinstellungen sind ausgesetzt, Entlassungen drohen. Aus Mosers Sicht ist es ungewiss, ob sich der Markt rasch erholt. “Die Prognosen sehen schlecht aus.”

Erstellung von Angeboten erschwert

Vielen Zimmerern, Schreinern und Dachdeckern geht es ähnlich wie Moser – am Bau zieht eine Krise herauf, obwohl es genug zu tun gibt. Nicht nur der Mangel an Material und stark gestiegene Preise machen den Handwerkern zu schaffen. Da viele Lieferanten nur noch Tagespreise abgeben, wird auch die Erstellung von Angeboten erschwert bis unmöglich. “Wir hatten bisher ideale Voraussetzungen hinsichtlich der Verfügbarkeit, nun müssen wir für die Zukunft daraus lernen”, sagt Rainer Kabelitz-Ciré, Geschäftsführer der Fördergesellschaft Holzbau und Ausbau. Das betreffe nicht nur Holz, sondern auch viele andere Materialien. Es gebe im Prinzip genug Vorräte, zudem stelle sich die Lage regional unterschiedlich dar. “Allerdings muss man sich momentan bei der Lieferzeit anpassen. Es gibt nicht alle Materialien von heute auf morgen.” Kabelitz-Ciré rät Handwerkern dazu, sich im regionalen Bereich enger auszutauschen und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Kurze Wege seien zudem im Sinne nachhaltigen Wirtschaftens erstrebenswert.

Mehr Materialien im Lager

Franz Xaver Peteranderl, Bauunternehmer und Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, rechnet ebenfalls mit einem Umdenken in der Branche: “Betriebe werden wieder mehr Materialien auf Lager nehmen.” Also einen Vorrat an Schrauben, Folien, Schalungsbrettern anlegen. Was in einem Bauunternehmen gut funktionieren kann, stellt Zimmerer und Maler allerdings vor Probleme. Denn wer hat schon genug Platz, um Dämmstoffe für einige Monate zu lagern? Baustellen bieten sich dafür erst Recht nicht an. “Sie können sich nicht vorstellen, was auf den Baustellen gerade geklaut wird”, sagt Malermeister Dietmar Ahle aus Paderborn. Außerdem bedeuten Vorräte gebundenes Kapital. “Uns gehen riesige Summen verloren und Liquidität”, sagt Ahle. Er würde sich für Maler Einkaufsgemeinschaften wünschen, nach dem Vorbild der Dachdecker.

Verträge anders gestalten

Betriebe werden nicht umhinkommen, ihre Beschaffung neu zu strukturieren. Sie sind auch gefordert, Verträge anders zu gestalten, Angebote nicht zu knapp zu kalkulieren Kunden an steigenden Preisen zu beteiligen. “Im gewerblichen und privaten Bereich kann man mit den Kunden reden, im öffentlichen Bereich sieht es etwas anders aus”, berichtet Moser. Seine Empfehlung: In alle neuen Verträge müssten Gleitklauseln eingearbeitet werden. Das sieht auch Peteranderl so. “Die Politik muss Firmen zugestehen, dass es im Baubereich zu Stoffpreisgleitklauseln kommt.” Preisgleitklauseln sind Bestimmungen in Verträgen, mit der die Preisfestsetzung entweder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder spätere Änderung des vereinbarten Preises vorbehalten wird. Solche Vereinbarungen sind bei Großprojekten, die sich über Jahre ziehen – etwa beim Bau von Straßen oder Talsperren – üblich, nicht aber bei kleinen Projekten wie Fertighäusern. Malermeister Ahle hält sie daher im Geschäft mit Privatkunden auch für “absolut theoretisch”. “Wir können die Steigerungen nicht einfach an die Kunden weitergeben. Das Geld wird knapp, es drohen Privatinsolvenzen.”

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima rät den Betrieben dazu, Angebote zu befristen oder sie zumindest mit einem Preissteigerungsvorbehalt zu versehen. Eine weitere Option, kurzfristigen Preissteigerungen nicht tatenlos zusehen zu müssen, bestehe darin, sich angebotsbezogen angefragte Einkaufspreise bis Projektabschluss zusichern zu lassen.

Uneins sind die Experten, wie lange die Beschaffungskrise am Bau anhält. Holzexperte Kabelitz-Ciré spricht von einer Momentaufnahme: “Ich glaube, dass es in drei Monaten wieder anders aussieht.” Bauunternehmer Peteranderl glaubt, dass sich die Mengen wieder einpendeln. Es drohe aber die Gefahr, dass Produzenten versuchten, dauerhaft höhere Preise durchzusetzen. Malermeister Ahle sagt: “Ich rechne mit ein bis zwei Jahren.”

Quelle: https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/lieferengpass-am-bau-treibt-betriebe-in-kurzarbeit-170747/

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