Baurecht: Neue Studie zum Brandschutz im Holzbau

Moderne Holzbauten können brandschutztechnisch genauso gut abschneiden wie Konstruktionen aus Mauerwerk, Stahlbeton oder in Stahlleichtbauweise – zumindest bei GebĂ€uden bis zur Hochhausgrenze von 22 m. Das ist das zentrale Ergebnis des langjĂ€hrigen Forschungsprojekts „TIMpuls“. KĂŒnftig soll daher das Bauordnungsrecht an die erweiterte Anwendbarkeit des Holzbaus angepasst werden.

Durch die Entwicklung moderner Holzbausysteme haben sich die prinzipiellen Einsatzmöglichkeiten des natĂŒrlichen Baustoffs in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweitet. Kaum noch jemand zweifelt daran, dass man auch höhere GebĂ€ude ohne VernachlĂ€ssigung des Brandschutzes in Holzbauweise errichten kann.

In Deutschland wird die praktische Umsetzung bislang aber durch bauordnungsrechtliche EinschrĂ€nkungen erschwert. Die Politik ist allerdings gewillt, eine erweiterte Anwendbarkeit des Holzbaus auch ordnungsrechtlich abzusichern. Beim Forschungsprojekt TIMpuls – gefördert vom Bundesministerium fĂŒr ErnĂ€hrung und Landwirtschaft – ging es seit 2017 nicht zuletzt darum, eine wissenschaftliche Basis fĂŒr VerĂ€nderungen im deutschen Baurecht zu erarbeiten. Das Thema des Projekts lautete: „Brandschutztechnische Grundlagenuntersuchung zur Fortschreibung bauaufsichtlicher Regelungen in Hinblick auf eine erweiterte Anwendung des Holzbaus“

Vier Partner im Forschungsverbund

Am Forschungsverbund TIMpuls beteiligten sich Wissenschaftler der Technischen UniversitĂ€t MĂŒnchen, der Technischen UniversitĂ€t Braunschweig, der Hochschule Magdeburg-Stendal und des Instituts fĂŒr Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge. Von August 2017 bis MĂ€rz 2021 haben sie in vier Teilprojekten das Brandverhalten von Holzbaukonstruktionen und daraus abzuleitende Auswirkungen auf die brandschutztechnischen Anforderungen des Bauordnungsrechts untersucht.

„Unsere Arbeit belegt, dass Holzbauwerke der GebĂ€udeklasse 4 und 5 bis zur Hochhausgrenze in punkto Brandschutz GebĂ€uden aus nichtbrennbaren Baustoffen durchaus ebenbĂŒrtig sind“, erklĂ€rt Projektkoordinator Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter vom Lehrstuhl fĂŒr Holzbau und Baukonstruktion der TU MĂŒnchen.

„Bis zur Hochhausgrenze“ bedeutet bis zu einer Höhe von 22 m, denn laut deutscher Musterbauordnung (MBO) werden GebĂ€ude als HochhĂ€user bezeichnet, wenn der Fußboden ihres obersten Stockwerkes mehr als 22 m ĂŒber der GelĂ€ndeoberflĂ€che liegt (…).

Brandschutzsicherer Holzbau möglich

Ein gleichwertiges Brandschutzniveau wie konventionelle Konstruktionen aus Mauerwerk, Stahlbeton oder auch in Stahlleichtbauweise ist natĂŒrlich an die Verwendung geeigneter Holzbaukonstruktionen gebunden. Diese aber gibt es bereits – wie die TIMpuls-Studie nun auch wissenschaftlich nachgewiesen hat. Die zum Einsatz kommenden Holzbaustoffe mĂŒssen nur in geeigneter AusfĂŒhrung und Dimensionierung verwendet werden, um die jeweils erforderlichen Brandschutzanforderungen auch wirklich erfĂŒllen zu können.

Apropos Anforderungen: Bei einem Haus der GebĂ€udeklasse 4 (mehr als 7 m und maximal 13 m hoch) mĂŒssen die tragenden und aussteifenden WĂ€nde und StĂŒtzen bereits „hochfeuerhemmend“ sein, also eine Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten aufweisen (F60). FĂŒr die GebĂ€udeklasse 5 sind laut MBO sogar „feuerbestĂ€ndige“ Bauteile notwendig, welche die Brandweiterleitung mindestens 90 Minuten unterbinden (F90). Doch auch das ist mit Holz prinzipiell machbar.

Zum Ende des TIMpuls-Projekts legten die Forschenden nach eigenen Angaben eine wissenschaftlich begrĂŒndete Systematik zur Entwicklung brandschutztechnisch sicherer HolzgebĂ€ude vor. Werden die dort aufgefĂŒhrten Bedingungen berĂŒcksichtigt, lassen sich auch tragende und raumbildende Konstruktionen in mehrgeschossigen GebĂ€uden bis zur Hochhausgrenze in Holzbauweise errichten.

WĂ€hrend des rund dreieinhalbjĂ€hrigen Projekts haben die Wissenschaftler Einsatzdaten von Feuerwehren analysiert und zahlreiche experimentelle Untersuchungen zur Entflammbarkeit und zum Brandverhalten von Holzbaustoffen durchgefĂŒhrt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse flossen in die entwickelte Holzbausystematik ein und wurden abschließend bei fĂŒnf Realbrandversuchen auf dem GelĂ€nde der TU MĂŒnchen noch einmal bestĂ€tigt.

Überarbeitung der Muster-Holzbaurichtlinie

„Teile der im Projektverlauf veröffentlichten Erkenntnisse hielten inzwischen in europĂ€ische oder nationale Normen Einzug oder sind Grundlage der Diskussionen zu bauordnungsrechtlichen Vorgaben“, berichtet Projektkoordinator Prof. Winter. TatsĂ€chlich sind die Projektergebnisse eine wichtige Basis fĂŒr die Überarbeitung der deutschen Muster-Holzbaurichtlinie (M‐HolzBauRL). Diese soll kĂŒnftig eine bundeslandĂŒbergreifende Vereinheitlichung der bauordnungsrechtlichen Vorgaben fĂŒr den Holzbau ermöglichen.

Die Richtlinie hat das Deutsche Institut fĂŒr Bautechnik (DIBt) bereits im Juni 2021 veröffentlicht. Sie enthĂ€lt Anforderungen an feuerwiderstandsfĂ€hige Bauteile in Holzrahmen- und Holztafelbauweise fĂŒr StandardgebĂ€ude der GebĂ€udeklasse 4 sowie an feuerwiderstandsfĂ€hige Bauteile in Massivholzbauweise fĂŒr StandardgebĂ€ude der GebĂ€udeklassen 4 und 5. Derzeit wird sie auf Grundlage der Ergebnisse des TIMpuls-Projekts weiterentwickelt.

Zu den Projektergebnissen gehört im Übrigen auch die Entwicklung der frei zugĂ€nglichen Wissensplattform www.brandschutznavigator.de. Diese Website soll potenzielle Bauherren bei ihren konkreten Holzbauprojekten unterstĂŒtzen. Laut Selbstdarstellung versteht sich die Plattform als „Navigator durch den bauordnungsrechtlichen Dschungel fĂŒr das baurechtskonforme Planen und Bauen mit Holz“.

Quelle: https://www.baustoffwissen.de/baustoffe/baustoffknowhow/baurecht/timpuls-holzbau-studie-zum-brandschutz/

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